11 – LEBENSLANGE PASSION FÜR MINERALE UND STEINE – ZUM TOD VON HERBERT PÖLLMANN*

Ano 09 (2022) – Special Issue on Herbert Artigos

 10.31419/ISSN.2594-942X.v92022iSpeciala11DM

 

 

LIFELONG PASSION FOR MINERALS AND STONES – – ON THE DEATH OF HERBERT PÖLLMANN*

 

Prof. apl. Dr. Dorothee Mertmann1,

PD Dr. Stefan Stöber2,

Prof. em. Dr. Christof Lempp3,

Prof. Dr. Reinhard Richard Wegner4,

Prof. Dr. Michael Stipp5

 

1, 2, 3, 5 Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Geowissenschaften und Geographie, Halle (Saale), Germany; 4Bundesuniversität Campina Grande, Brasilien

*Dieser Text wurde in Campus Halensis dem Onlinemagazin der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg am 02.06.2022 in Personalia veröffentlicht. Die Wiedergabe in BOMGEAM wurde freundlicherweise erlaubt.

This text was published in full by Campus Hallensis, the online magazine of the University of Halle-Wittenberg on June 2nd, 2022 in Personalia. The reproduction in BOMGEAM was kindly provided. 

(https://www.campus-halensis.de/artikel/lebenslange-passion-fur-minerale-und-steine-zum-tod-von-herbert-pollmann/)

 

Herbert Pöllmann

Er hat sein Leben den Mineralen und Steinen gewidmet, es war eine Passion, die ihn von Jugend an geleitet hat. Am 5. Mai ist Prof. Dr. Dr. habil. Herbert Pöllmann im Alter von 65 Jahren verstorben. Ein Nachruf von engen Wegbegleiterinnen und -begleitern.

 

Herbert Pöllmann auf seiner Reise nach Kamchatka, in Russland.

 

Herbert Pöllmann wurde am 30. Juni 1956 am Fuße des Teichelbergs in der Gemeinde Waldsassen in der Oberpfalz geboren. Er besuchte das Keplergymnasium in Weiden. Sein Chemielehrer, ein Studienkollege von Prof. Dr. Karl Hugo Strunz, einer der bedeutendsten deutschen Mineralogen, weckte bereits damals sein Interesse für die Chemie, für Gesteine und Mineralien. Schon früh beschäftigte sich Herbert Pöllmann so mit den Basalten der Umgebung und sammelte Minerale. 1975 nahm er das Studium der Mineralogie in Erlangen auf und schloss es 1981 mit dem Diplom ab. Sein akademischer Lehrer war unter anderen Prof. Dr. Hans-Jürgen Kuzel, der eine praxisnahe Ausbildung vermittelte. Im Verlauf des Studiums und der nachfolgenden Dissertation ergaben sich die vielfältigen fachlichen Vertiefungsrichtungen in der Kristallographie, der Kristallchemie, den Werkstoffwissenschaften und der angewandten und technischen Mineralogie. In Erlangen wurde Herbert Pöllmann 1984 mit einer Arbeit über Schadstoffeinwirkungen und Kristall-Neubildungen in hydraulischen Bindemitteln promoviert; dort habilitierte er sich 1991 mit mineralogisch-kristallographischen Untersuchungen zu Hydratationsprodukten der Aluminat-Phasen hydraulischer Materialien.

1994 nahm Herbert Pöllmann den Ruf auf die Professur „Mineralogie und Geochemie“ an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg an. Mit seinen ebenfalls zwischen 1993 und 1995 berufenen Kollegen prägte er das neu gegründete Institut für Geologische Wissenschaften und Geiseltalmuseum maßgeblich, baute mit großem Engagement erste Laborkapazitäten der Mineralogie und Geochemie auf und gestaltete das geowissenschaftliche Curriculum der Studiengänge wesentlich mit. Zunächst geschah dies in den zwar historisch wertvollen, aber doch bautechnisch kaum geeigneten Räumen der Neuen Residenz in Halle, bevor dann 2003 das Institut in die sanierten Gebäude auf dem Campus in Heide-Süd umzog. Viele Laborräume stehen dort für mineralogische, kristallographische und geochemische Untersuchungen zur Verfügung, die Herbert Pöllmann mit großer Intensität entwickelte und mit immer moderneren Gerätschaften und neuen Messeinrichtungen ausrüstete, so dass Forschung auf höchstem Niveau erfolgen konnte.

Seine umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen fanden ihren Niederschlag in thematisch vielfältigen, zahlreichen und innovativen Publikationen in verschiedensten Fachzeitschriften und von ihm editierten Büchern. Neben den vielen mineralogischen und technischen Fortschritten gehörte zu den Ergebnissen seiner Forschung auch die Neuentdeckung und Charakterisierung von fünf Mineralen. Seine Erkenntnisse stellte er in hochgeachteten Fachvorträgen auf allen Kontinenten vor. Nahezu immer gelang es ihm bei diesen Reisen, zusätzlich Lagerstätten zu besuchen, von denen er ausgesuchte Minerale mitbrachte. So entstand eine umfangreiche mineralogische Sammlung. Seine anfängliche Liebe zu den Basalten weitete sich im Laufe der Zeit auf viele weitere mineralogische Vorkommen aus, darunter besonders die Granitpegmatite, die ihn bei seinen vielen Reisen nach Brasilien immer aufs Neue begeisterten. Darüber hinaus bereiste er fast den gesamten pazifischen Feuerring und sammelte mit Leidenschaft Vulkanite und Pyroklastite. Er pflegte enge Freundschaften mit Wissenschaftlern rund um den Globus, insbesondere mit Kollegen aus Südafrika und Brasilien

Herbert Pöllmann hatte eine große Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Doktorandinnen und Doktoranden, Gastforscherinnen und -forschern. Er war nahezu rastlos unterwegs im In- und Ausland, auf wissenschaftlichen Veranstaltungen, bei Ämtern, Behörden und Industriefirmen, um für eine Vielzahl von Drittmittelprojekten zu sorgen. Fragen nach Verwendbarkeit und Nutzen von Mineralen sowie deren Verarbeitungsmöglichkeiten standen im Vordergrund der Forschungen.

Neben seinen umfangreichen Forschungsaktivitäten nahm er an der akademischen Selbstverwaltung der Martin-Luther-Universität aktiv teil und prägte durch seine Tätigkeiten als Dekan des ehemaligen Fachbereiches Geowissenschaften sowie der ehemaligen naturwissenschaftlich-technischen Fakultät, als Prodekan der Naturwissenschaftlichen Fakultät III, als Institutsdirektor und Mitglied in universitären Kommissionen das akademische Leben entscheidend mit.

Für die Fachsektion Angewandte Mineralogie der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, die Fachsektion Technische Kristallographie der Deutschen Kristallographischen Gesellschaft, die Vereinigung der Freunde der Mineralogie und Geologie und weitere internationale Fachgesellschaften war er als Vorsitzender, langjähriger Schriftleiter oder in anderen Funktionen tätig. Er war zudem Gründungsmitglied und in den Anfängen Vorsitzender des Vereins zur Förderung des Naturkundlichen Universitätsmuseums Halle (Saale).

Ein wesentlicher Teil seiner unermüdlichen Tätigkeit war eine hervorragende Lehre, die unzählige Studierende durch ein Feuerwerk an Bildern und Worten für sein Fachgebiet einnahm. Herbert Pöllmann betreute viele Diplom-, Bachelor- und Masterarbeiten, die einen erfolgreichen Abschluss fanden. Mit zahlreichen, auch internationalen Promotionsbetreuungen ebnete er Promovendinnen und Promovenden den Weg in die Wissenschaft und den gelungenen Einstieg in das Berufsleben. Dabei begleitete er die Arbeiten von der Themenstellung bis zum Abschluss, von der praktischen Laborarbeit bis zur Auswertung und Diskussion der Ergebnisse. Zwar wusste er manchmal zu poltern oder überaus engagiert zu diskutieren, seine Tür stand aber stets offen, um sich Zeit zu nehmen für all die großen und kleinen Fragen, Sorgen und Nöte von seiner Arbeitsgruppe und von Studierenden, über die er schützend seine Hand hielt. Seine Kolleginnen und Kollegen profitierten von seinem immensen Wissen, das er stets zu teilen bereit war. Herbert Pöllmann forderte und förderte sie. Unvergessen sind die fast täglichen Laborbesprechungen der jeweils aktuell durchgeführten Analysen oder fachübergreifende Diskussionsrunden in seinem Zimmer, die auch abendlich stattfanden. Mit Kollegen suchte er den Diskurs, erwartete Widerspruch und konnte trefflich sein Fach und seine Interessen vertreten. Trotzdem behielt er die zugrundeliegenden wissenschaftlichen Fragestellungen und die Achtung für sein Gegenüber immer im Blick. Er vertrat sein „Universum für Mineralogie“ ganzheitlich und mit ganzer Kraft.

Herbert Pöllmann war ein Mineraloge mit Leib und Seele, ein sehr humorvoller und herzlicher Mensch. Für die Wissenschaft hat er viel getan und erreicht und sich bleibende Verdienste am Institut, an der Fakultät und der Universität erworben. Viele Studierende verdanken ihm ihre Zukunft. Alle Freundinnen und Freunde aus der gesamten Arbeitsgruppe Mineralogie und Geochemie, dem Institut für Geowissenschaften und Geographie sowie der Naturwissenschaftlichen Fakultät III der Martin-Luther-Universität werden sein Andenken in tiefem Dank bewahren. In diesen schweren Stunden stehen wir an der Seite seiner Frau Maria und seines Sohnes Peter.

 

 

 10.31419/ISSN.2594-942X.v92022iSpeciala11DM